2020

#2020

Mein näheres Umfeld unterstellt mir häufig einen ordentlichen Pessimismus. Tatsächlich muss ich dem, zumindest im ersten Quartal dieses Jahres, widersprechen. Ich war der Meinung: „Sooo schlimm wird das schon nicht“. Also tendenziell – eher optimistisch.

Ich habe mich getäuscht. Es kam deutlich anders, als ich es erwartet habe. Mit einer schmerzhaften Wucht schlägt Covid19 auf Europa ein. Lockdown, Grenzen dicht, Kontaktbeschränkungen, HomeOffice, etc. etc.

News, Extras, Brennpunkte – ich weiß nicht mehr, wie viele Nachrichten ich verfolgt habe. Virologen, Epidemiologen,Mediziner, Statistiker, Mathematiker – jeden Tag aufs Neue: Einschätzungen, Bewertungen, Orientierungen oder auch nur Meinungen. 2020 ist für viele das Jahr von Covid19, für mich auch das Jahr der konstanten News. Jedes Einzelschicksal wurde medial verbreitet. Erregungsjournalismus.

Die Politik hat eine stündliche Bühne. Populismus und mit dem Finger auf andere deuten. Die eigene Hilflosigkeit wird überdeckt. Manchmal geschickt, häufig peinlich. Die wissenschaftliche Nüchternheit der Bundeskanzlerin Angela Merkel wird für mich zur beruhigenden Konstante. Zugleich vermisse ich die emotionale Erklärung eines Premier Conte „Wir machen das, weil wir Italien lieben“. Warum sagen eigentlich deutsche Politiker nicht, dass sie unser Land lieben? Für mich unerträglich ist so mancher Ministerpräsident. „Ischgl ist schuld, der Föderalismus ist das Problem oder gut, dass wir den Föderalismus haben. Alle machen nicht genügend, außer wir natürlich“

Warum sehen wir nicht in die Zukunft und sind mutig? Wie wollen wir leben? Soll unsere deutsche Zukunft auf SUV`s aufgebaut sein? Wollen wir wirklich Weltmeister im Fleisch Export sein? Liegt nicht die Wurzel dieser Pandemie im Fleischkonsum? In immer enger werdenden und verdichteten Lebensräumen von Menschen und Tieren? Ich bin weder Veganer, noch Vegetarier, aber warum ein Industriestandort wie Deutschland Werksverträge für die „Grillsaison“ braucht, geht nicht in meinen Kopf. Ich schäme mich dafür, dass unter widrigsten Umständen, Menschen in diesem Land für einen Hungerlohn in einem Schlachthof Billigfleisch produzieren. Auf das Leid der Tiere möchte ich erst gar nicht eingehen.

In den Beschränkungen und in der fehlenden Solidarität habe ich mein Bewusstsein für mich als Europäer bestätigt. Ich bin stolz Europäer zu sein. Ich denke nicht national. Grenzen sind für mich Hindernisse. Ich liebe die unterschiedlichen Kulturen, die eigenen Sprachen und natürlich wundervolle kulinarische Unterschiede. Die Pandemie hat Europa nicht gestärkt. Leider hat sich Europa als wenig solidarisch gezeigt. Wir haben das Leid anderer Länder als Beleg für die eigeneMedizinische Stärke gesehen. Was bedeutet uns Nachbarschaft und Solidarität zukünftig?

2020 ist für mich aber auch ein Jahr des Vertrauens. Geschäftsbeziehungen bekommen eine tiefere Ebene. Gespräche am Telefon sind für viele, auch für mich, ein Ventil. Es wird leichter über Sorgen gesprochen. Ängste sind kein Tabu Thema mehr. Der „Wert“ einer langjährigen Geschäftsbeziehung wird in vielen Gesprächen benannt.

Ich wünsche allen ein vor allem gesundes neues Jahr. Lassen sie uns weiter Gespräche führen und an ein gutes Jahr 2021 glauben.